Gerdas Adventskalender

Dienstag, 8. Juli 2014

Von Sanct Nicolaus



 Von Sanct Nicolaus
Nicolaus kommt von nicos, das ist Sieg, und laos, das ist Volk,
und heißt also: ein Überwinder des Volks, nämlich aller Untugenden,
die gewöhnlich und gemein sind. Oder er heißt Sieg des Volks, weil er
viele Völker durch Ermahnung und Beispiel gelehrt hat,
wie sie die Untugenden und Sünden sollen überwinden.
Oder Nicolaus kommt von nicos, Sieg, und laus,
Lob: sieghaftes Lob. Oder es kommt von nitor, Glanz,
und laos, Volk: Glanz des Volks;
denn in ihm war das, was rein und glänzend macht.
Denn wie Ambrosius schreibet: Rein macht
göttliche Rede, rein macht wahre Beichte, heilige Betrachtung,
gutes Tun. Sein Leben haben aufgeschrieben die Meister von Argos.
Argos aber ist, wie Isidorus schreibt,
eine Stadt in Griechenland, daher man die Griechen auch Argiver
nennt. Auch findet man, Methodius der Patriarch habe es griechisch
aufgeschrieben, und der Diacon Johannes es ins Lateinische übersetzt
und etliches hinzugetan. Nicolaus ist geboren aus der Stadt
Patera, von frommen und reichen Eltern: sein Vater hieß Epiphanius,
seine Mutter Johanna. In der Blüte ihrer Jugend schenkte Gott
den Eltern dieses Kind; darnach lebten sie keusch, in göttlicher Liebe.
Des ersten Tages, da man Sanct Nicolaus das Kindlein baden sollte,
da stund es aufrecht in dem Becken, und wollte auch am Mittwoch und
Freitag nicht mehr denn einmal saugen seiner Mutter Brust.
Als das Kind zu Jahren kam, schied es sich von den Freuden der
anderen Jünglinge und suchte die Kirchen mit Andacht; und was er
da verstand von der heiligen Schrift, das behielt er mit Ernst in seinem Sinne.
Als sein Vater und seine Mutter tot waren,
begann er zu betrachten, wie er den großen Reichtum verzehre
in Gottes Lob und nicht zu der Ehre der Menschen.
Da war ein Nachbar, edel von Geburt und arm an Gut, der
hatte drei Töchter, die wollte er in seiner Not in die offene Sünde der Welt
stoßen, daß er von dem Preis ihrer Schande leben
möchte. Als das Sanct Nicolaus hörte, entsetzte er sich über die Sünde;
und ging hin und band einen Klumpen Goldes in ein Tuch und warf
ihn des Nachts heimlich dem Armen durch ein Fenster in sein Haus
und ging heimlich wieder fort. Da es Morgen ward, fand der
Mann das Gold, dankte Gott, und richtete davon der ältesten
Tochter Hochzeit aus. Nicht lange darnach tat Sanct Nicolaus
dasselbige zum andern Mal. Als der arme Mann
wiederum das viele Gold fand, lobte er Gott von Herzen und
setzte sich vor, hinfort zu wachen, daß er den Diener Gottes fände,
der ihm in seiner Armut so zu Hilfe käme. Darnach kürzlich warf
Nicolaus Goldes zweimal so viel in das Haus denn zuvor;
da erwachte der Mann von dem Falle des Goldes und eilte dem
Heiligen nach und rief
"Steh stille und laß mich dein Antlitz schauen" und holte ihn ein
und erkannte, daß es Sanct Nicolaus war; und fiel vor ihm nieder
und wollte ihm seine Füße küssen.
Das wehrte ihm Nicolaus und gebot ihm, daß er diese Tat nicht sollte
offenbar machen, so lange er lebte.
Nun war zu der Zeit der Bischof von Myra gestorben; da kamen
viele Bischöfe zusammen,daß sie einen andern an seine Statt wählten.
Unter ihnen war einer von großer Gewalt und
Ansehen, an des Urteil stund das Auserwählen der Andern.
Der ermahnte sie allesamt, daß sie in Fasten und Gebet verharren sollten;
aber des Nachts kam eine Stimme zu ihm die
sprach "Du sollst zur Mettenzeit die Tür der Kirche behüten,
und der erste Mensch, der zu der Kirche kommt, des Name auch
Nicolaus ist, den sollst du zum Bischof weihen".
Das tat er den andern kund und hieß sie mit Andacht im Gebet
verharren, er selbst blieb an der Kirchentür und wartete.
Nun fügte es Gott, daß zur Mettenzeit Sanct Nicolaus
zuerst zu der Kirche gegangen kam vor allen andern.
Da hielt ihn der Bischof an und sprach
"Wie heißest du?" Nicolaus neigte voll heiliger Einfalt sein
Haupt und antwortete
"Ich bin genannt Nicolaus, ein Diener eurer Heiligkeit".
Da führten sie ihn in die Kirche, und setzten ihn, ob er sich gleich
sträubte, auf den Bischofsstuhl. Doch verharrte Nicolaus in seiner
Einfalt und Reinigkeit und in nächtlichem Gebet; er peinigte seinen
Leib und floh die Gemeinschaft der Weiber, er war demütig und gar gleich
gegen jedermann, beredt in seiner Rede,
fleißig in göttlicher Ermahnung, streng in guter Strafung.
Man liest auch in einer Chronik,
daß Nicolaus mit auf dem Conzil von Nicaea sei gewesen.
Es geschah, daß Leute auf dem Meer fuhren, die kamen in große Not.
Da riefen sie Sanct Nicolaus an und sprachen "Nicolae,
du Knecht Gottes, wenn das wahr ist,
was wir von dir haben gehört, so laß uns deine Hilfe erfahren".
Zustund erschien ihnen einer, der ihm gleich sah, und sprach
"Ihr rufet mir, hier bin ich".
Und fing an und half ihnen an den Segeln und Stricken und anderem
Schiffsgerät; alsbald war das Meer gestillt. Da sie nun zu Lande
kamen, gingen sie zu seiner Kirche:
und ob sie ihn gleich nie zuvor gesehen hatten, so brauchte ihn doch
niemand ihnen zu weisen,und erkannten ihn alsbald.
Sie dankten Gott und ihm für ihre Rettung. Er aber sprach
"Nicht ich, sondern euer Glaube und Gottes Gnade haben
euch geholfen". Danach ward ein großer Hunger in dem Lande,
da Sanct Nicolaus Bischof war,
und war keine Nahrung mehr weit und breit.
Auf dieselbe Zeit ward Sanct Nicolaus gesagt,
daß Schiffe mit Weizen wohl geladen in den Hafen eingelaufen wären.
Da ging er hin und bat die Schiffleute, daß sie aus jeglichem Schiff nur
hundert Maß Weizen wollten geben, die Hungernden zu retten.
Antworteten die Schiffleute "Vater, das trauen wir uns
nicht zu tun, denn das Korn ist zu Alexandria gemessen,
und also müssen wir es überantworten in die Scheuern des
Kaisers". Da sprach Sanct Nicolaus "Tut, was ich
euch sage, und ich schwöre euch bei der Kraft Gottes,
daß ihr keine Minderung haben
werdet an eurem Korn gegen des Kaisers Kornmesser".
Die Schiffleute erfüllten sein Gebot; und da sie vor die Diener des Kaisers
kamen, hatten sie so viel Maß Kornes,
als sie zu Alexandria eingenommen hatten. Da sagten sie
das Wunder öffentlich und priesen den Herrn in seinem Knecht.
Unterdes teilte Sanct Nicolaus das Korn unter das Volk nach eines jeden
Bedürfnis, und von diesem wenigen Korn ward das ganze
Land zwei Jahre gespeiset, und blieb noch genug zur Aussaat übrig.
In demselben Land hatte man die Abgötter geehrt nach alter
Gewohnheit, und insonderheit das Bild der Teufelin Diana,
also daß noch zu Sanct Nicolaus Zeiten
etliche Bauern diesem Glauben dienten und unter einem Baum,
der in des Abgotts Ehre geweiht war, ihre heidnischen Opfer hielten.
Diese böse Gewohnheit zerstörte
Sanct Nicolaus und ließ den Baum umhauen.
Das war dem bösen Geiste leid, und er
gedachte, wie er sich an Sanct Nicolaus räche; und bereitete ein Öl,
das heißt Mydiacon, und ist so kräftig, daß es wider die
Natur an Steinen und im Wasser brennt; und
nahm eines frommen Weibes Gestalt an, und begegnete Leuten
auf dem Meere, die zu Sanct Nicolaus Kirche fahren wollten, in einem
Schifflein und sprach zu ihnen "Ich wäre gern mit euch zu dem
Heiligen Gottes gefahren, aber ich kann
nicht; so bitte ich euch, daß ihr für mich dieses Öl zu seiner Kirche
bringt, und zu meinem Gedächtnis die Wände des Vorhofes
damit bestreichet". Damit war sie verschwunden; aber zu derselben
Stunde sahen sie ein ander Schifflein
daherkommen mit ehrbaren Leuten; unter denen war einer, der war Sanct
Nicolaus gar gleich von Gestalt, der sprach "Saget,
was hat das Weib mit euch gesprochen oder
euch gegeben?" Da sagten sie es ihm alles.
Da sprach derselbe Mann "Wisset,
dieses Weib ist die schändliche Diana gewesen;
und damit ihr sehet, daß es wahr ist, was ich sage, so schüttet
das Öl ins Meer". Sie gossen das Öl aus: da brannte das
Wasser wider die Natur, und brannte hoch auf, und währte das lange Zeit.
Sie fuhren weiter, bis sie zu Sanct Nicolaus Kirche kamen; da sie ihn sahen,
sprachen sie "Wahrlich, du bist es, der uns auf dem Meere erschien und uns
von des Teufels Listen erlöset hat".
In den Zeiten war ein Volk wider die römische Herrschaft aufgestanden.
Da sandte der römische Kaiser drei Fürsten aus, das Volk zu bezwingen,
die hießen Nepotianus, Ursus und Apilio. Die drei fuhren auf dem
Meer wider das ungehorsame Volk, aber ein böser Wind warf sie an das
Gestade nahe bei der Stadt Myra.
Da lud sie Sanct Nicolaus zu Tisch, denn er wollte hindern,
daß ihr Kriegsvolk auf den Märkten Raub täte, wie es solches Volkes
Gewohnheit ist. In der Zeit, da Sanct Nicolaus mit diesen Gästen war,
geschah es, daß der Landpfleger mit Gelde bestochen ward
und drei unschuldige Ritter hinzurichten gebot.
Als der Heilige das vernahm, bat er seine Gäste, daß sie
eilends mit ihm kämen zu der Stätte, da man die Ritter sollte enthaupten.
Sie kamen hin und fanden sie schon knieend, ihre Augen verbunden und das
Schwert in der Hand des Henkers aufgehoben.
Sanct Nicolaus riß zornig dem Henker das Schwert aus der Hand
und schleuderte es weit hinweg, entledigte dic Ritter der Bande
und führte sie mit sich. Darnach ging er zum Palast des Landpflegers
und stieß die verschlossenen Türen mit Gewalt auf.
Der Landpfleger eilte ihm entgegen und grüßte ihn; das
verschmähte der Heilige und sprach "Du Feind Gottes, du Brecher des
Gesetzes, bist du so schamlos, daß du mein
Antlitz nach solcher Bosheit wagst anzuschauen?
Nachdem er ihn lange also schwerlich gestraft hatte, baten die Fürsten des
Kaisers für ihn um Gnade;
und der Heilige nahm seine Reue an und vergab ihm.
Danach empfingen die Fürsten Sanct Nicolaus Segen, und fuhren wider ihre
Feinde und überwanden sie gar bald ohne Blutvergießen; und da
sie heimkehrten, empfing sie der Kaiser mit großen
Ehren. Das mißgönnten ihnen etliche von des Kaisers Gesinde,
und bestachen des Kaisers obersten Ratgeber; der verklagte sie bei
dem Kaiser, wie sie Übels und
Schanden von der kaiserlichen Gewalt hätten gesprochen.
Als das der Kaiser vernahm, ward er zornig und ließ sie in einen Kerker
beschließen, und gebot, daß man sie ohne
Verhör in derselben Nacht töten sollte. Als die drei solches
von dem Wächter des Kerkers vernahmen, zerrissen sie
ihre Kleider und weinten und klagten.
Da gedachte der eine von ihnen, Nepotianus, daran,
wie Sanct Nicolaus die drei unschuldigen Ritter hatte erlöst,
und ermahnte die anderen, daß sie
des Heiligen Schutz sollten anrufen. In derselbigen Nacht erschien
Sanct Nicolaus dem Kaiser Constantinus im Traum und sprach
"Warum hast du die drei Fürsten gefangen und hast sie ohne
Ursach in den Tod verdammt?
Stehe bald auf und befiehl, daß man sie ledig lasse. Tust du
das nicht, so wisse, ich werde Gott bitten, daß er einen Krieg wider
dich aufrege, in welchem du
umkommst und eine Speise wirst den Tieren".
Sprach der Kaiser "Wer bist du, daß du des Nachts in meinen
Palast bist kommen, und also hohe Worte redest wider mich?
" Antwortete Sanct Nicolaus und sprach "Ich bin Nicolaus,
ein Bischof zu Myra in der Stadt". Desselbigengleichen erschien
Nicolaus auch dem obersten Ratgeber des Kaisers, der die Fürsten
verraten hatte, und sprach "Du verlorener
Mensch an Sinnen und an Verstand, warum giebst du deine Gunst,
daß Unschuldige in den Tod werden verdammt?
Geh eilends hin und rate, daß sie ledig werden, oder dein Leib wird
voll Würmer und dein Haus wird zerstört". Sprach des Kaisers
Rat "Wer bist du, der mir so gräßlich droht?
" Antwortete Nicolaus "Du sollst wissen, daß ich bin Nicolaus,
ein Bischof zu Myra in der Stadt". Es geschahe des
Morgens, daß der Kaiser und sein oberster Rat zusammenkamen
und sagten einander ihre Träume; da sandten sie alsbald nach den
Gefangenen, und der Kaiser
sprach zu ihnen "Mit welcher Zauberei habt ihr es vollbracht,
daß ihr uns also mit Träumen habt betrogen?" Sie antworteten und
sprachen "Wir sind keine Zauberer und
haben auch nicht den Tod verschuldet". Sprach der Kaiser "
Kennt ihr einen Menschen,
der Nicolaus ist geheißen?" Da sie den Namen hörten,
huben sie ihre Hände auf gen Himmel und beteten, daß Gott um Sanct
Nicolaus Willen sie wolle erlösen von dem
gegenwärtigen Tode. Und sagten dem Kaiser von des Heiligen
Leben und Wunderwerken. Da sprach der Kaiser
"Gehet hin und lobet Gott, der euch
wunderbar erlöst hat um das Verdienst seines Heiligen.
Und bringt ihm von mir Geschenke und bittet ihn, daß er mir
hinfort nicht drohe, sondern Gott für mich
und mein Reich bitte". Kürzlich hienach kamen die Drei zu
Sanct Nicolaus und fielen ihm zu Füßen und sprachen
"Wahrlich, du bist Gottes Knecht und ein sonderlicher Minner
Jesu Christi" und sagten ihm ihre Geschichte. Da hub er seine
Hände auf und lobte Gott; und lehrte sie in Tugend leben und
sandte sie wieder heim in ihr Land.
Als aber unser Herr seinen Heiligen von dieser Welt zu sich in
die ewige Freude wollte nehmen, da bat ihn Nicolaus, daß er ihm seine
Engel sende. Und mit gebeugtem Haupt
sah er die Engel Gottes zu sich schweben, und fing an und betete
den Psalm "In te domine speravi" bis zu den Worten "in manus tuas",
das spricht "Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist"
. Damit schied Sanct Nicolaus von dieser Welt im Jahre des Herrn 343;
und ward ein süßer himmlischer Gesang vernommen.
Er ward begraben in einem Grab von Marmelstein: da entsprang zu
seinen Häupten ein Brunnen mit Öl und zu seinen Füßen ein
Wasserquell; und noch heutigen Tages rinnt heiliges Öl von seinen
Gebeinen, das ist gesund wider alles Siechtum.
Nach Sanct Nicolaus ward ein frommer Mann Bischof in seiner
Stadt, der ward von Neidern vertrieben: da stund das Öl und floß
nimmer; als er aber wieder zu der Stadt gerufen ward, da floß das Öl als
wie zuvor. Darnach über lange Zeit ward Myra von den Türken
zerstört. Es kamen aber sieben und vierzig Ritter von der Stadt Bari,
denen zeigten vier Mönche das Grab des Heiligen; und da sie es auftaten,
sahen sie sein Gebein in Öl schweben.
Sie nahmen es und brachten es in die Stadt Bari mit großen
Ehren nach Christi Geburt im Jahre 1087.
Ein Christenmann entlehnte von einem Juden eine Summe Geldes,
und da er keinen anderen Bürgen haben mochte, schwur er auf
Sanct Nicolaus Altar, er wollte es ihm
wieder geben, alsobald er könnte. Die Schuld stund lange;
zujüngst forderte der Jude sein Geld. Da sprach der Christ, er hatte es
ihm gegeben. Der Jude zog es
vor Gericht, und dem Schuldener ward auferlegt zu  schwören.
Der Christ nahm einen hohlen Stab und füllte ihn mit Geldstücken;
und trug ihn mit sich vor Gericht,
als ob er dieser Stütze bedürfe. Als er nun schwören sollte,
gab er dem Juden den Stab zu halten, und schwur, er habe ihm
wiedergegeben mehr denn er ihm schulde.
Und da der Eid geschworen war, forderte er den Stab vom Juden
wieder; der Jude, der die Schalkheit nicht wußte, gab ihm den
Stab zurück. Da der Betrüger heimging, überkam ihn eine Müdigkeit
und er entschlief auf der Straße bei einem Kreuzweg.
Da kam ein Wagen in schneller Fahrt und fuhr ihn tot und
zerknirschte den Stab, da das Gold inne war; und das Gold rollte
heraus. Als das der Jude vernahm, kam er eilends dahin und erkannte
die List. Das Volk riet ihm, er sollte das Gold nehmen;
er aber sprach "Das tu ich nicht, es sei denn, daß der Christ von
Sanct Nicolaus Gnaden wieder auferstehe: geschieht das, so will ich mich
lassen taufen und gläubig werden".
Da stand der Tote auf und lebte; und der Jude ließ sich taufen und
ward ein Christ. Es war ein Jude, der sah die großen Wunder,
die der heilige Nicolaus wirkte; darum so ließ er
sich Sanct Nicolaus Bild machen und setzte es in sein Haus, und befahl
dem Bilde sein Gut, wenn er fernhin fuhr, und sprach "Sanct Nicolaus,
alles mein Gut befehl ich in eure Hut,
bewahrt ihr mir das nicht auf, ich räch es an euch mit harten Streichen".
Eines Tages nun fuhr der Jude aus und ließ Sanct Nicolaus das
Haus hüten; da kamen Diebe, und stahlen
alles, was in dem Hause war, nur das Bild ließen sie stehen.
Als der Jude wiederkam und sich also beraubt sah, sprach er zu dem Bild
"Herr Nicolaus, hab ich euch nicht in mein
Haus gesetzt, damit ihr es vor Räubern behütet? Warum habt ihr das
nicht getan und den Dieben gewehret? Ich sage euch, ihr sollt Pein
leiden für die Diebe: also will ich meinen
Schaden rächen an euch und will meinen Zorn in Streichen
an euch erkühlen". Mit dem ergriff der Jude das Bild und peitschte
und geißelte es hart. Da geschah ein großes Wunder:
als die Diebe das Gut unter sich teilten, erschien ihnen Sanct Nicolaus
dergestalt, als ob er die Streiche alle von dem Juden lebendig hätte
empfangen, und sprach zu ihnen "Seht, wie schwerlich ich um euretwillen
geschlagen und gegeißelt bin, und welche Marter ich
habe gelitten. Seht, wie mein Leib voll Striemen ist
und rot von Blut! Darum gehet schnell hin und gebt alles wieder,
das ihr genommen habt, oder Gott rächt es an euch,
daß euer Verbrechen offenbar wird, und werdet alle gehangen".
Sie sprachen "Wer bist du, der zu uns also redet?" Er antwortete "
Ich bin Nicolaus, der Knecht
Gottes, den jener Jude so grausam geschlagen hat um seines
Gutes willen". In großem Schrecken gingen die Diebe zu dem Juden
und erzählten ihm das Wunder;
und gaben ihm sein Gut zurück; da sagte ihnen der Jude, wie er dem
Bilde hatte getan. Also wurden die Diebe rechtschaffen und der
Jude ein Christ. Ein Mann feierte jedes Jahr das Fest des
heiligen Nicolaus gar köstlich seinem Sohne zulieb,
der die Wissenschaften lernte. Einst gab er dem Sohne ein Mahl
und hatte viel Priester dazu geladen. Es kommt aber der
Teufel vor die Tür in eines Pilgers Gestalt und bittet um
ein Almosen. Der Vater heißt den Sohn, es ihm bringen,
der Knabe läuft hin, findet ihn aber vor der Tür nicht mehr, und eilt
ihm nach bis an einen Kreuzweg: da packte ihn der
Teufel und erwürgte ihn. Als der Vater das vernahm,
war er gar traurig; er nahm den Leichnam und trug ihn in die
Schlafkammer und schrie vor großer Betrübnis und sprach
"Lieber Sohn, wie ist dir geschehen? Heiliger Nicolaus
ist das der Lohn für die große Ehre, die ich dir immer erwiesen habe?"
Solcher Worte sprach er viel; unter dem tät der
Knabe seine Augen auf, als ob er aus einem Schlaf erwache,
stund auf und war gesund. Es war ein edler Mann, der bat
Sanct Nicolaus sehr, daß er ihm einen Sohn bei
Gott erwürbe, den wollte er in seine Kirche führen, und wollte ihm einen
goldenen Becher opfern. Sanct Nicolaus bescherte ihm ein Knäblein.
Das Kind wuchs heran: da ließ der Vater den Becher machen, den er
gelobt hatte. Da er fertig war, gefiel er ihm aber so wohl, daß er ihn selber
behielt, und ließ ihm einen andern machen, dem ersten gleich.
Damit fuhr er auf das Meer und wollte sein Kind zu Sanct
Nicolaus Kirche führen. Als sie so fuhren, gebot der Vater dem Sohn,
daß er ihm Wasser schöpfe mit dem Becher,
den er zuerst hatte machen lassen. Da fiel das Kind mit dem
Becher ins Meer und sank bald unter. Der Vater weinte bitterlich,
doch leistete er sein Gelübde, und opferte den zweiten
Kelch auf dem Altar. Als er ihn aber hingestellt hatte, fiel er wieder
von dem Altar herab, als sei er herabgestoßen; er hub ihn auf und
stellte ihn zum andern Male hin: da ward er
wiederum noch weiter hinweggeschleudert. Da noch alles sich
darob verwundert, siehe, so kommt das totgeglaubte Kind gesund
und unversehrt und trägt den ersten Becher in
seinen Händen; und erzählt, wie der heilige Nicolaus gleich bei
ihm gewesen sei, da es ins Wasser sei gefallen, und es gerettet habe.
Des freuete sich der Vater, und opferte da beide Becher dem
heiligen Nicolaus. Es war ein reicher Mann, der hatte einen
Sohn von Gnaden Sanct Nicolauses, den nannte er Adeodatus.
Er hatte in seinem Haus eine Capelle gebaut Sanct Nicolaus
zu Ehren und beging sein Fest jedes Jahr gar feierlich.
Es lag aber das Haus nicht fern von dem Lande der Agarener.
Also geschah es, daß Adeodatus einst von den Leuten
dieses Landes gefangen ward; die brachten ihn ihrem Könige zu
einem Diener. In dem Jahre darnach, am Sanct Nicolaustag,
beging der Vater des Knaben das Fest mit Andacht.
Zu derselben Zeit stund der Jüngling vor dem König und hub
ihm einen köstlichen Becher vor, und gedachte dabei an
seine Gefangenschaft, an seiner Eltern Betrübnis,
und an die Freuden, die des Tages gewöhnlich waren in seines Vaters
Hause bei dem Fest. Und er seufzte von Herzen sehr.
Da zwang ihn der König mit Drohen, daß er ihm sagen mußte,
was ihm wäre. Und sprach darnach "Dein Nicolaus
tue, was er wolle, du bleibst hier bei uns". Alsbald kam ein
großer Wirbelwind und stieß an den Palast und führte den Knaben
samt dem Becher mit sich heim vor die Tür der
Capelle, da seine Eltern eben Sanct Nicolaus Fest begingen.
Man liest auch, daß dieser Jüngling war von der Normandie;
und da er über Meer fuhr, ward er von dem Soldan gefangen.
Er ward oft vor ihm geschlagen, und ward auch einst
geschlagen an Sanct Nicolaus Tage, und in den Kerker geworfen.
Da weinte der Knabe bitterlich, um daß er möchte erledigt werden,
und weil er der Freude gedachte, die seine Eltern zu begehen pflegten
auf diesen Tag. Da entschlief er unversehens, und wie er erwacht,
ist er in seines Vaters Capelle.

 

 Nikolaus von Myra
Nikolaus wurde von seinem Onkel, Bischof Nikolaus von Myra,
im Alter von 19 Jahren zum Priester geweiht und als Abt im
Kloster von Sion nahe seiner Heimatstadt eingesetzt. Als seine
Eltern an der Pest starben, erbte Nikolaus ihr Vermögen und
verteilte es an Arme: so bewahrte er junge Frauen aus seiner
Nachbarschaft in Patara vor dem Zwang zur Prostitution, in dem er
für eine ausreichende Mitgift sorgte ob es drei Schwestern waren oder
vier, wie eine Fassung der Legende will, ist ungewiss vielleicht
auch nur zwei, wie eine sehr alte Fassung der Legende weiss,
die zu dem behauptet, er habe das Geld seinen Eltern gestohlen,
was an eine spätere Legende von Franziskus erinnert.
Nach dem Tod seines Onkels pilgerte Nikolaus ins Heilige Land,
nach seiner Rückkehr wählte ihn die Gemeinde zum neuen Bischof.
Die Legende zeichnet ihn als temperamentvollen Streiter und
zugleich als Mann der fähig ist, diplomatisch zu vermitteln und
Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Gelegentlich eines
Aufstandes in Phrygien stationierter germanischer Söldner begegnete
er in Myra hohen Offizieren aus Konstantinopel, bei denen er
nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Er zerstörte Tempel der
Heidengöttin Diana Artemis, die in den Küstenorten Lykiens
als Patronin der Seefahrer verehrt wurde; ihr Tempel in Myra war
der größte und prunkvollste Nikolaus' Gedenktag am 6. Dezember
ist Dianas Geburtstag. Während der bald schon einsetzenden
Christenverfolgung wurde er um 310 gefangen genommen und gefoltert.
325 nahm Nikolaus am 1. Konzil von Nicäa teil. Überleifert ist,
wie er kämpferisch gegen die falsche Lehre des Arianismus vorgeht;
die Legende erzählt, dass er deren Verfechter Arius während des
Konzils geohrfeigt habe. Auch mit seinem Freund Bischof Theognis
von Nicäa, der der Auffassung des Arius zuneigt, führt Nikolaus
heftige Diskussionen; schlussendlich gehört Theognis zu den
Unterzeichnern des Bekenntnisses von Nicäa. "Lassen wir über
unserem Zorn die Sonne nicht untergehen", zitiert später Andreas
von Kreta den Vermittler Nikolaus.
Verbreitete Legenden über Nikolaus erzählen vom Geldgeschenk,
das er heimlich durchs Fenster und durch den Kamin in die darin
aufgehängten Socken warf um zu verhindern, dass der Vater seine
Töchter zur Prostitution hergeben musste. Drei zu Unrecht zum Tod
Verurteilte konnte er retten, indem er im Traum dem Kaiser erschien
und um ihre Befreiung bat; in anderer Version rettete er sie,
indem er das Schwert des Henkers abwehrend ergriff.
Um ein in Seenot geratenes Schiff zu retten mit drei Pilgern,
die von Ephesus ausfuhren und das für eine christliche Kapelle
bestimmte heilige Öl in den Diana-Tempel zurückbringen sollten,
begab er sich an Bord, stillte den Sturm und brachte das Schiff
sicher in den Hafen. Drei Jungen fielen auf der Suche nach
Arbeit dem Metzger in die Hände, der sie in ein Pökelfass steckte
und zu Wurst verarbeiten wollte; sie waren schon zerteilt, als der
Bischof davon erfuhr und sie wieder zum Leben erweckte.
Vom 15. Jahrhundert an verbreitete sich die Legende von den
Getreidehändlern: Nikolaus erbat bei einer Hungersnot in Myra
von jedem der für den Kaiser in Rom bestimmten Schiffe nur
100 Scheffel und versicherte, dass durch sein Gebet nichts bei der
Ablieferung fehlen werde, was sich bewahrheitete; Nikolaus aber
konnte seine Gemeinde auf Jahre hinaus ernähren und sogar
Saatgut austeilen.
Der Kult um Nikolaus entwickelte sich etwa 200 Jahre später,
Kaiser Justinian weihte ihm Mitte des 6. Jahrhunderts eine Kirche in
Konstantinopel, der Kult verbreitete sich auch in in Griechenland und
kam dann in die slawischen Länder. Über die byzantinische Tradition
wurde Nikolaus einer der am meisten verehrten Heiligen Russlands,
er folgt im Osten in der Verehrung unmittelbar nach Maria.
Nikolaus wurde einer der beliebtesten Volksheiligen mit vielen
legendären Erzählungen, die vor allem seine menschenfreundliche
und hilfsbereite Art bezeugen. Sein zerbrochener, leerer Sarkophag
wird noch heute in der wiederhergestellten Unterkirche von Demre von
Wallfahrern der Ostkirche verehrt.
In Rom zog der Kult im 8. Jahrhundert ein, er verbreitete sich
dann zunehmend auch in Süd- und Mitteleuropa. Friesen-Missionar
Luidger baute der Überlieferung nach die erste deutsche
Nikolauskapelle im münsterländischen Billerbeck, um 980
entstand in Deutschland die erste Nikolauskirche in Brauweiler.
Im April 1087 wurden Nikolaus' Gebeine von Abenteurern aus
Bari, die auf drei Schiffen anreisten, aus dem Marmorgrab unter
dem Fußboden der Kirche enwendet und in ihre Heimatstadt
entführt. Dort errichtete man auf den Trümmern des byzantinischen
Gouverneurspalastes die monumentale Basilika S. Nicola,
die Papst  Urban II. 1098 weihte; als Translationstag gilt der
8. Mai, der in Bari mit einem großen Unzug begangen wird.
Zwischen dem 11. bis zum 16. Jahrhundert wurden diesseits
der Alpen über 2200 Kirchen nach Nikolaus benannt.
Nikolaus' Kult in Deutschland wurde im 10. Jahrhundert
besonders durch Kaiserin Theophanu, die griechische Ehefrau des
Kaisers Otto II., gefördert. Schon damals entstand der Brauch,
dass Nikolaus die Kinder beschenkt. Grundlage hierfür war der
Brauch des "Bischofsspieles" in Klosterschulen, wo ein Schüler
für einen Tag zuerst am Tag der "Unschuldigen Kindlein",
dann am Nikolaustag als "Bischof" fungieren durfte.
Nikolaus gilt als Helfer in fast allen Schwierigkeiten.
Die Volksfrömmigkeit hat seinen Gedenktag mit reichem
Brauchtum liebevoll bedacht, seit 1555 ist Nikolaus als
Gabenbringer für Kinder belegt. Ansatzpunkte für das
Brauchtum und seine zahlreichen Patronate finden sich in den
Legenden. Am Vorabend des Nikolaustages beschenkt er
oft zusammen mit seinem Helfer, Knecht Ruprecht, die Kinder.
Am Nikolausabend stellen Kinder ihre Stiefel oder Strümpfe
vor die Tür, diese werden über Nacht von Nikolaus mit
Süßigkeiten gefüllt. Der Weihnachtsmann mit weißem Bart
und rotem Gewand, der den Kindern am Heiligen Abend die
Geschenke überreicht, geht auf den niederländischen "Sinterklaas"
zurück; für die weltweite Verbreitung dieses Bildes von
Nikolaus sorgte um die Jahrhundertwende die Firma "Coca Cola",
die ihn für Werbung in ihren Firmenfarben benützte.
In Bari wurde neben Kirchen und einem Platz auch das moderne
Fußballstadion nach ihm benannt. Auch in liberalen islamischen
Familien beschenkt "Noel Baba" die Kleinen.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen